Ich bin die Sehnsucht in Dir

Irgendwie finde ich es immer auf das Neue magisch, wenn Lieder zu einem passen, wenn auch manchmal nur zum Teil. Und so ist es bei diesem Lied. Das Lied ist nun 20 Jahre alt. Da war ich gerade mal 15. Damals fand ich schon, dass es auf meine Mama passen würde und der Meinung bin ich bis heute. 

Das ist schon irgendwo gruselig, wenn man bedenkt, auf welche Person man das bezieht. Man möchte ja eigentlich schöne Momente mit schöneren Liedern mit der eigenen Mama verknüpfen und nicht ins negative ziehen. Eigentlich.

Ich hab dir deine Wege gesucht.
Ich bin dein Glück und ich bin dein Fluch.
Hab dir fast den Verstand geraubt.
Du hast trotzdem an mich geglaubt.

Ja, meine Mama hat mir meine Wege quasi gesucht. Durch ihre Sucht und ihr Verhalten konnte ich nicht so leben wie andere Kinder. Sie hat mir dadurch den Weg schon vor geebnet. Sie war Glück insofern für mich, da sie ja da war im Gegensatz zu meinem Vater. Ich hatte Glück, dass ich nicht komplett alleine war, aber durch ihre Sucht war sie auch mein Fluch. Ich hatte immer die Verantwortung mich um sie zu kümmern, ich war sozusagen an ihr gebunden - wie ein Fluch. Ich kann gar nicht sagen, wie oft ich am Ende war, wie oft ich einfach nicht mehr wollte. Und trotz alledem, war es meine Mama und ich hatte sie sehr geliebt und an ihr geglaubt. Ich hatte ja sogar die Hoffnung, dass sie wieder gesund wird. 

Immer wenn ich bei dir war,
hast du alles nur für mich getan.
Ich hab dich in die Irre geführt,
meine Versprechen waren so oft leer.
Wegen mir hast du vor Wut geweint.
Wegen mir hast du dich selbst zum Feind.
Es ist meine Schuld, du kannst nichts dafür.
Ich bin die Hoffnung und du stirbst mit mir.

Ich habe ALLES für meine Mama gemacht. Sie gepflegt, ihre Launen abgefangen, versucht sie aufzumuntern, für sie eingekauft, den Haushalt gemacht (auch wenn das immer falsch war), war ihr Therapeut, ihr Arzt und Betreuer. Außerdem habe ich sie immer gedeckt, wenn man sie lange nicht mehr gesehen hat. Immer verteidigt. Immer. 

Oft hat sie mir versprochen, mich von der Schule abzuholen und mit mir schwimmen zu gehen. Nach der Schule wartete ich meist vergeblich an die zwei Stunden bis ich dann alleine wieder nach Hause gelaufen bin und sie auf der Couch lag und am schlafen war. "Ich habe es vergessen." "Mir ging es nicht gut.." Kam meist als Ausrede. 
Ich habe SEHR OFT und SEHR VIEL um und wegen ihr geweint. Selbst nach zwei Tagen waren meine Augen noch angeschwollen. Dieses Gefühl war nie wirklich schön. 
Ja, wegen meiner Mama habe ich mich selbst zum Feind. Ich traue mir nichts zu, sonderlich schlau halte ich mich auch nicht und für nichts zu gebrauchen. Von 365 Tage im Jahr bin ich davon mal 2 Tage stolz auf mich - gefühlt. Rede mir auch alles immer schlecht und manchmal kann ich mich zum Verderb nicht ausstehen. Psychisch hat sie mich schon sehr klein bekommen. Ich konnte ihr nichts recht machen. Es war immer alles falsch was ich tat und eine Fehlentscheidung war ich natürlich in ihren Augen auch. Und doch war sie alles für mich und als sie starb - starb ich zum Teil mit ihr. Eine große Verantwortung ist nun von mir gegangen und sich dann neu zuordnen, ist nicht immer leicht - auch heute nicht immer.